Zum 100. Geburtstag von Joseph Beuys
Online-Tagung 23. bis 25. April

Über 100 Minuten Film – das war der perfekte Einstieg zur Feier des 100. Geburtstag eines der größten zeitgenössischen Künstler: Mit dem Filmporträt BEUYS von Andres Veiel aus dem Jahr 2017 startete die Evangelische Akademie Hofgeismar in ein Wochenende voller interessanter Reflexionen, Beiträge und Projektpräsentationen zu Joseph Beuys (1921-1986).
Regisseur Veiel berichtete von der ungebrochenen Faszination, die er bereits 1977 bei seiner ersten Begegnung mit Beuys auf der documenta 6 verspürte: „Beuys war für mich eine Befreiung.“ Noch heute klingen viele Sätze von Beuys nicht nur für die Kunst zukunftsweisend wie beispielsweise seine Warnung vor einem ungezügelten Bankenwesen oder sein Aufruf „Die Zukunft, die wir wollen, muss erfunden werden…“ — der Untertitel der Tagung.
Im Film, der international für Furore sorgte, lässt Veiel auch Dr. Rhea Thönges-Stringaris, die langjährige Vertraute und Mitarbeiterin von Beuys in Kassel zu Wort kommen. Dort nahm der Kunst-Revolutionär an den documenta-Schauen 3 bis 7 teil (und posthum noch an der doc 8). Die Kunsthistorikerin erzählte vom Beginn dieser wunderbaren Freundschaft, bei der auch das gemeinsame Interesse an Rudolf Steiners politisch-anthroposophischen Ideen eine Rolle spielte.
Ob Joseph Beuys unser deutscher Heiland ist, wie ihn jüngst die ZEIT ironisch betitelte, oder gar nur ein falscher Prophet – dieser Frage ging der Theologe, Kurator und Publizist Dr. Andreas Mertin nach. Er schälte dabei aus all den Prädikaten zu Beuys den anti-institutionellen Beuys heraus, der die Kirche als Organisation ablehnte und den Menschen ohne das Geschenk der Gnade aufforderte, sich „an der Welt zu stoßen“. Und das, obwohl Beuys sich oft auf den von Steiner geprägten Begriff des „Christus-Impuls“ bezog, den er als Freiheits- und Heilungsimpuls auslegte.
Auch Hannes Langbein, Direktor der Kulturkirche St. Matthäus, Berlin, bezieht sich darauf und widmet die dortige Ausstellung dem „Erfinder der Elektrizität“: Mit diesem Satz signierte Beuys einst Christusbildchen. „Die alten Glaubenskräfte“ könnten laut Beuys nicht mehr helfen, denn sie sind „nicht mehr auf der Höhe der Zeit“. So „verflüssige“ sich der Christusbegriff und münde in den erweiterten Kunstbegriff. Genau dieser Begriff einer sozialen Skulptur, so Direktor Langbein, erkläre das große Interesse an Beuys noch heute.
Dabei hatte auch Beuys Vorbilder und Wegbereiter. Johanna Adam von der Bonner Bundeskunsthalle stellte die dortige Ausstellung „Beuys und Lehmbruck“ vor. Die Parallelen sind eindrucksvoll und der „Dank an seinen Lehrer Wilhelm Lehmbruck“, den Beuys wenige Tage vor seinem Tod bei der Annahme des Lehmbrucks-Preises ausdrückte, berührt. Ihre Manifeste zur Kunst als höchstem Ausdruck der Zeit, ihre Zeichnungen, ihre Gedanken zur Plastik zeigen die Seelenverwandtschaft der beiden.
Diese wie alle Ausstellungen sollen — wenn es denn möglich ist — bis in den Herbst zu sehen sein. Auf der ganzen Welt wird der Künstler mit vielen Jubiläumsaktionen und Werkschauen gefeiert. Bei der digitalen Akademietagung schalteten sich Projektleiter in Perugia/Italien, Essen, Ingolstadt und Berlin zu. Dort zeigt das Historische Museum die kongeniale Verbindung zwischen der documenta und Beuys: Die documenta startete 1955 als politisches Statement im damaligen Zonenrandgebiet und wurde von Beuys und seinen Aktionen politisch, intellektuell und künstlerisch befeuert. Sein Werk „7000 Eichen“ bezeichnete Kurator Dr. Lars Bang Larsen als das größte Werk aller doc-Schauen. Ein Werk, das viral ging und bis heute nichts von seiner Wirkung verloren hat. Das bestätigen auch Projekte in Heerlen/Niederlande und Chicago/USA. Kulturdezernentin Susanne Völker, Dramaturgin Petra Schiller, documenta-Experte Dr. Harald Kimpel sowie vor allem Volker Schäfer, Mitorganisator der Tagung und Vorstandsvorsitzender der Stiftung „7000 Eichen“, stellten dazu Beuys-Projekte einst und heute in Kassel vor. Dort wachsen nicht nur die Eichen weiter… Christine Lang-Blieffert
Regisseur Veiel berichtete von der ungebrochenen Faszination, die er bereits 1977 bei seiner ersten Begegnung mit Beuys auf der documenta 6 verspürte: „Beuys war für mich eine Befreiung.“ Noch heute klingen viele Sätze von Beuys nicht nur für die Kunst zukunftsweisend wie beispielsweise seine Warnung vor einem ungezügelten Bankenwesen oder sein Aufruf „Die Zukunft, die wir wollen, muss erfunden werden…“ — der Untertitel der Tagung.
Im Film, der international für Furore sorgte, lässt Veiel auch Dr. Rhea Thönges-Stringaris, die langjährige Vertraute und Mitarbeiterin von Beuys in Kassel zu Wort kommen. Dort nahm der Kunst-Revolutionär an den documenta-Schauen 3 bis 7 teil (und posthum noch an der doc 8). Die Kunsthistorikerin erzählte vom Beginn dieser wunderbaren Freundschaft, bei der auch das gemeinsame Interesse an Rudolf Steiners politisch-anthroposophischen Ideen eine Rolle spielte.
Ob Joseph Beuys unser deutscher Heiland ist, wie ihn jüngst die ZEIT ironisch betitelte, oder gar nur ein falscher Prophet – dieser Frage ging der Theologe, Kurator und Publizist Dr. Andreas Mertin nach. Er schälte dabei aus all den Prädikaten zu Beuys den anti-institutionellen Beuys heraus, der die Kirche als Organisation ablehnte und den Menschen ohne das Geschenk der Gnade aufforderte, sich „an der Welt zu stoßen“. Und das, obwohl Beuys sich oft auf den von Steiner geprägten Begriff des „Christus-Impuls“ bezog, den er als Freiheits- und Heilungsimpuls auslegte.
Auch Hannes Langbein, Direktor der Kulturkirche St. Matthäus, Berlin, bezieht sich darauf und widmet die dortige Ausstellung dem „Erfinder der Elektrizität“: Mit diesem Satz signierte Beuys einst Christusbildchen. „Die alten Glaubenskräfte“ könnten laut Beuys nicht mehr helfen, denn sie sind „nicht mehr auf der Höhe der Zeit“. So „verflüssige“ sich der Christusbegriff und münde in den erweiterten Kunstbegriff. Genau dieser Begriff einer sozialen Skulptur, so Direktor Langbein, erkläre das große Interesse an Beuys noch heute.
Dabei hatte auch Beuys Vorbilder und Wegbereiter. Johanna Adam von der Bonner Bundeskunsthalle stellte die dortige Ausstellung „Beuys und Lehmbruck“ vor. Die Parallelen sind eindrucksvoll und der „Dank an seinen Lehrer Wilhelm Lehmbruck“, den Beuys wenige Tage vor seinem Tod bei der Annahme des Lehmbrucks-Preises ausdrückte, berührt. Ihre Manifeste zur Kunst als höchstem Ausdruck der Zeit, ihre Zeichnungen, ihre Gedanken zur Plastik zeigen die Seelenverwandtschaft der beiden.
Diese wie alle Ausstellungen sollen — wenn es denn möglich ist — bis in den Herbst zu sehen sein. Auf der ganzen Welt wird der Künstler mit vielen Jubiläumsaktionen und Werkschauen gefeiert. Bei der digitalen Akademietagung schalteten sich Projektleiter in Perugia/Italien, Essen, Ingolstadt und Berlin zu. Dort zeigt das Historische Museum die kongeniale Verbindung zwischen der documenta und Beuys: Die documenta startete 1955 als politisches Statement im damaligen Zonenrandgebiet und wurde von Beuys und seinen Aktionen politisch, intellektuell und künstlerisch befeuert. Sein Werk „7000 Eichen“ bezeichnete Kurator Dr. Lars Bang Larsen als das größte Werk aller doc-Schauen. Ein Werk, das viral ging und bis heute nichts von seiner Wirkung verloren hat. Das bestätigen auch Projekte in Heerlen/Niederlande und Chicago/USA. Kulturdezernentin Susanne Völker, Dramaturgin Petra Schiller, documenta-Experte Dr. Harald Kimpel sowie vor allem Volker Schäfer, Mitorganisator der Tagung und Vorstandsvorsitzender der Stiftung „7000 Eichen“, stellten dazu Beuys-Projekte einst und heute in Kassel vor. Dort wachsen nicht nur die Eichen weiter… Christine Lang-Blieffert